Berühmte Kunstwerke durch die Linsen von Diabetes Typ 1

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Hallo und willkommen auf meinem Blog. Mein Name ist Weronika Burkot (@blue_sugar_cube). Ich bin eine polnische Künstlerin und Autorin und wohne in Belgien. Seit 1995 lebe ich mit Diabetes Typ 1. Ich kreiere Diabetes-Kunst, um die Diabetes-Gemeinschaft zu inspirieren, zu motivieren und zu unterstützen. Unter anderem reise ich gern, bin eine passionierte Köchin (ich liebe Kohlehydrate), und ich habe eine Schwäche für niedliche Dinge (wie zum Beispiel Einhörner).

Kunst als Mittel, um sich auszudrücken

Viele Leute behaupten, sie könnten nicht zeichnen. Normalerweise hat das nichts mit Talent oder Geschick, sondern ausschließlich mit Selbstwertgefühl zu tun. Sie fragen sich: „Sind meine Zeichnungen gut?“, „Habe ich Talent?“, „Ist das Kunst?“. Wir stellen Kunst auf ein Podest, dass nur für Künstler erreichbar zu sein scheint. Kunst ist aber, genauso wie Sprache, eine Art, zu denken und mit anderen zu kommunizieren. Was Sie brauchen (und sonst nichts), ist eine aufgeschlossene Einstellung.

„Visuelle Darstellungen zu schaffen ist ein wichtiger Aspekt des menschlichen Lernprozesses“ – Diane Waller, OBE, Präsidentin des britischen Vereins für Kunsttherapie

Kunst wird von den Menschen bereits seit Urzeiten geschaffen, Kunst ist in unserer DNA verankert. Eine Möglichkeit, Einblick in die eigene Person zu gewinnen, ist das Schaffen von visuellen Darstellungen. Dank der Kunst verfügen wir über eine spannende Möglichkeit, uns bildlich auszudrücken, geistig in uns zu gehen. Unser Blick auf das Leben verändert sich, unser Dasein und das, was danach kommt, bekommt einen Sinn. Durch ganz simple Ausdrucksformen, dem einfachen Gebrauch von Linien und Farben, entsteht eine Form, indem persönlicher Sinngehalt und Symbolismus bei dieser Art visueller Darstellung Anwendung finden.

„Kunst befreit die Seele vom Staub des täglichen Lebens.“ – Pablo Picasso

Berühmte Kunstwerke mit den Augen eines Menschen mit Diabetes betrachtet

Diabetes verändert dauerhaft unsere Denkweise und unsere Wahrnehmung der Welt. Nichts ist mehr so, wie es war. In unseren Augen ist ein Karton mit Fruchtsaft ein Lebensretter, eine Pizza eine Falle, und Achterbahnen erinnern uns an unkontrollierten Blutzucker. Das gleiche geschieht mit der Kunst. Wir sehen Kunstwerke vermutlich in einem anderen Licht als durchschnittliche Menschen.

 Sternennacht – Vincent van Gogh

Wenn wir Sternennacht betrachten, haben wir vor Augen, was Van Gogh aus dem Fenster seines Zimmers in der Anstalt von Saint-Rémy-de-Provence sah (mit einigen zusätzlichen Details). Dieses hypnotische Gemälde lässt mich an eine nächtliche Hypoglykämie denken: ungewöhnliche Träume, Halluzinationen und Schwindelgefühl. Es fühlt sich an, als würde man in Van Goghs Gemälde voller vibrierenden Linien teleportiert, und mit weichen „Hypo“-Gliedern wird man langsam ein Teil davon.  

Die gebrochene Säule – Frida Kahlo

In vielen ihrer Selbstporträts erzählt Frida Kahlo die Geschichte ihres schrecklichen Unfalls, der ihr Leben verändert hat. Die gebrochene Säule lässt mich an eine Diabetes-Diagnose denken. Wir können sie isoliert, in einsamem Zustand, sehen. Wir können die Unvermeidlichkeit der äußeren Kräfte spüren, durch die sie in diesen Zustand geraten ist. Ihr Gesicht drückt Trauer und Schmerz aus. Am Anfang ihrer Reise mit Diabetes fühlen sich viele Menschen allein, machtlos, und lassen sich von ihren Emotionen überwältigen. 

Die Beständigkeit der Erinnerung – Salvador Dali

„Die Beständigkeit der Erinnerung“ ist eines der bekanntesten Gemälde von Salvador Dali und des Surrealismus überhaupt. Die „Weichen Uhren“, auf die in der Populärkultur oft hingewiesen wird, symbolisieren die Relativität von Zeit und Raum. Aus meiner Perspektive ist dies der Fall bei einer Hyperglykämie. Es fühlt sich an, als würde sich die Zeit irgendwie langziehen, und wir warten, ausgelaugt, ohne Energie, genau wie diese abstrakte menschliche Form, die Dali in die Mitte des Gemäldes gesetzt hat und ihn selbst darstellt. Vermutlich werden einige von uns Symptome von Hyperglykämie in diesem Bild sehen – und das ist gut so, denn es gibt keinen festgelegten Weg, Erfahrung mit Diabetes zu machen. 

Die Dame mit dem Einhorn (Quelle: Art Gallery NSW)

Einhörner werden seit jeher als magisch und geheimnisvoll betrachtet. Diese beeindruckenden sechs Wandteppiche im Stil mittelalterlicher französischer Kunst haben die Betrachter über Jahrhunderte hinweg fasziniert. Die Sage erzählt, dass es unmöglich war, ein Einhorn einzufangen, es sei denn, eine Jungfrau sitzt im Wald und wartet darauf, dass dieses magische Wesen zu ihr kommt. Heute ist „Ein Einhorn einfangen“ in der Diabetes-Gemeinschaft ein Symbol dafür, dass man einen Blutzuckerwert von genau 100 mg/dL oder 5,5 mmol/L erreicht. 

Kuchen – Wayne Thiebaud

Kuchen, Torten, Kaugummiautomaten … das ist die süße Welt des zeitgenössischen Malers aus Kalifornien, Wayne Thiebaud. Diese Vitrine voll mit köstlichen Kuchen ließ mich unmittelbar an das Phänomen des „Hypohungers“ denken. Ich kann mir gut vorstellen, wie ich all diese Kuchen esse, wenn ich unterzuckert bin. Doch noch etwas anderes kommt mir in den Sinn, wenn ich dieses Gemälde betrachte. Nämlich die wohlbekannte Frage: „Wie viele Kohlenhydrate?“.

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